Endlichkeit

Endlichkeit
Nationalpark Isalo

Zum Frühstück wird ausnahmsweise kein Baguette, sondern richtiges Brot gereicht. Das gibt einen guten Boden für die 10 Kilometer-Wanderung im Nationalpark Isalo. Bei einem hohen Steinkegel wünschen wir uns etwas mit einem Steinwurf. Der örtliche Guide führt uns über einen Canyon auf das Hochplateau. Das Gebiet lässt jedes Geologenherz höher schlagen. Monsieur Jacques lehrt uns auch, dass man nicht mit der Fingerspitze auf Gräber zeigt; man krümmt respektvoll den Zeigefinger.

Beidseits des Trampelpfades sind kaum erkennbar Gräber im Fels. Die Verstorbenen lagern während dreier Jahren in Holz- oder Metallsärgen in Höhlen. Steine verwehren Tieren den Zugang. Zu einem dreitägigen Fest mit Verwandten und Bekannten werden die Knochen in eine Gebeinkiste umgebettet. Die letzte Ruhestätte finden sie an einer Stelle im Fels, die nur geübten Kletterern zugänglich ist.

Dieser leere Kindersarg ist mit Münzen verziert. Den First zieren ein Wohnhaus mit Zebus und Spiegel weisen der Seele den Weg in den Himmel.

Der Tod gehört in Madagaskar zum Leben wie das Weinen zum Lachen. Die Ahnen sind Teil des Lebens der Hinterbliebenen ohne Berührungsängste. Der Transport frisch Verstorbener ist erkennbar an einem voll besetzten Bus mit einer Holzkiste auf dem Dach mit Flagge.
Am meisten verbreitet sind Familiengemeinschaftsgräber ausserhalb der Dörfer. Zu diesen Totenhäusern besitzt nur das Familienoberhaupt den Schlüssel. Die Bauten sind oft aufwändiger als Wohnhäuser mit der Begründung, dass man dort länger liegen wird. Auf mehreren Etagen sind die Toten gebettet; die erst kürzlich Verstobenen zuunterst. Sie werden jährlich bei einem Familienfest in neue Tücher gehüllt.

Im Nationalpark ist es heiss und feucht. Nach drei Kilometern erreichen wir das Piscine naturelle, eine Oase mit Sandstrand und Bambuspalmen. Wir tauchen ein und würden am liebsten bleiben.

An der prallen Sonne wandern wir vier Kilometer weiter über das Hochplateau auf 900 MüM, das ist so hoch wie Speicher AR. Monsieur Jacques zeigt und erklärt uns die Tier- und Pflanzenvielfalt.

Beeindruckend ist auch die Cascade de nymphes. Es plätschert, tropft und gurgelt im Fels.

Junge Lemuren toben beim leeren (weil Nebensaison) Zeltplatz mit Koch- und Wasserstelle.

Nach dem Abstieg wartet also, für uns völlig überraschend, ein gedeckter Tisch im Wald auf uns. Der Koch Monsieur Rawassa serviert eisgekühlte Getränke, Crudités mit Chips, einen Zebuspiess mit Gemüsereis und Ananas. Wir feiern das Leben und auch den Mut zu unserer Weltreise.

Hochplateau, Nationalpark Isola